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Neue Technologien, Neue Repression, Neue Angst

Vor wenigen Tagen wurde die "Nummer 2" von Al-Kaida, Abu Yahya al-Libi, nach offiziellen Angaben der USA von einer Drohne getötet. Nachrichten wie diese machen mir Angst. Nein, nicht weil ich mit Al-Kaida unter einer (ideologischen) Decke stecke. Patriarchale, antisemitische, religiös-ideologische Organisationen sind Feind, nicht Freund, wenn ich es in dieser Dichotomie ausdrücken darf. Doch auch wenn ich nichts mit Al-Kaida zu tun habe außer Gegensatz: Ich habe Angst.

Unter Obama haben die gezielten Morde mit Drohnen zugenommen, dies wird mittlerweile sogar als neue Strategie wahrgenommen. Beängstigend ist hierbei zum Beispiel, dass laut TAZ die Regierung der USA nicht offen legt nach welchen Kriterien sie Menschen umbringen. Von hieraus, dem bequemen Platz in Europa, ist es absolut nicht zu beurteilen, wer denn da eigentlich umgebracht wird. Und selbst wenn wirklich nur "Terrorist_innen" und möglichst wenige "Zivilist_innen" von den Drohnen getötet werden: Die Regierungsdefinitionen von "Terrorismus" geben mir allen Grund dazu, Angst zu haben.

Nein, ich plane keine groangelegten Terroranschläge, die das Militär auf den Plan rufen würden. Aber Militär und Polizei sind zwei sehr eng verbundene Komplexe. In Deutschland übernehmen die Polizeidrohnen bisher "nur" Überwachunseinsätze. Aber zumindest in den USA scheint es eine Entwicklung hin zu aktive Polizeidrohnen zu geben, ausgestattet mit Tränengas und Gummigeschossen. Nun kann es natürlich sein, dass dieser konkrete Vorstoß zu nichts führt, aber die Tendenz ist deutlich: Drohnen werde zu einer Gefahr für alle, die vom Staat als Gefahr wahrgenommen werden.

Für diesen Schluss müssen wir gar nicht bis in die USA blicken, der österreichische Minister Norbert Darabos schlug Drohnen zur "Grenzsicherung" vor. Natürlich "nur" überwachend, aber wenn eine anschließende Abschiebung droht, kann auch dies tödlich sein. Glücklicherweise wurde der Vorschlag vom eigentlich dafür zuständigen Innenministerium abgelehnt, da ohnehin kein Bedarf existiert.

Vermutlich ist es auch hier in Europa nur eine Frage der Zeit bis Tränengas bewehrte, oder wenn es nach den deutschen Polizeigewerkschaften geht möglicherweise sogar mit Gummigeschossen ausgestatte, Drohnen die Repression auf Demos und ähnlichem übernehmen. Davor habe ich Angst. Spielräume, die heute noch existieren, würden verschwinden. Sitzblockaden würden vielleicht zum letzten Relikt von Massenprotestaktionen, die nicht dem legal-rechststaatlichen Schema entsprechen. Angesichts dieser Entwicklung muss geradezu jeder Versuche aus der herrschenden Gesellschaftsordnung herauszubrechen blutig enden.

Meine einzige kleine Hoffnung sind die Arbeiter_innen, die die Vorrichtungen für die Gummigeschosse montieren müssen, sind die Programmierer_innen, die den Code für die Drohnen schreiben, und alle anderen kleinen Rädchen, die das große drehen. Vielleicht wird ihnen klar, dass die Drohnen einestages auch über ihren Köpfen ihre Runden drehen werden, wenn sie nichts dagegen tun. Vielleicht wird sich Widerstand bilden.

Noch aber zeigt nichts in diese Richtung, noch dreht sich das große Rad.

 

Artikel zum Thema: Im Freitag erschien ein Artikel von Florian Rötzer, der sich ebenfalls mit den Gefahren durch Drohnen beschäftigt, dort werden stärker die Datenschutzprobleme betont, sowie was den eigentlich passiert wenn "die Terrorist_innen" dem Staat nachrüsten.

Zuerst erschienen auf: http://yaab.noblogs.org/post/2012/06/07/neue-technologien-neue-repression-neue-angst/


Kommentare

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@cls&emma:

In der Sache gebe ich euch recht, mir ist auch bekannt, dass linke Projekte schon den Drohnenbau erwogen haben. ABER: Drohnen, besonders jene mit speziellen Fähigkeiten, sind relativ kosten- und wissensintensiv. Hier ist die staatliche Seite schlichtweg überlegen (im Moment).
Klar können wir auch Wasserpistolen auf Demos mitnehmen, aber Wasserwerfer hat eher die staatliche Seite.

Der Artikel im Freitag geht übrigens auf diesen Apsekt ein.

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Neue Technologien machen oft Angst, keine Frage. Aber es hängt doch letztlich immer davon ab, in welchen Händen sie sich befinden. Wahrscheinlich jedes Werkzeug kann eine Waffe sein: Solange Menschen willens sind, Macht über andere auszuüben.

Immerhin können Drohnen ja derzeit noch von allen genutzt werden (siehe Kommentar von CLS) – das wird sich wahrscheinlich ändern, wenn der erste Anschlag mit Hilfe einer Drohne verübt wurde.

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Wer sagt, dass Drohnen ausschließlich der Repression nutzen? Durchaus denkbar: Zivile Copwatch-Drohnen: http://www.youtube.com/watch?v=KOxh9dbkNT4