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...und täglich grüßt das Murmeltier

Die EU in der Krise: Griechenland am Abgrund

Während die Wirtschaft Deutschlands und anderer exportorientierter Länder wieder wächst wie vor dem Beinahe-Zusammenbruch des Finanzsystems 2008, müssen allen voran Griechenland, aber auch andere finanzschwache EU-Staaten die größten wirtschaftlichen und folglich auch gesellschaftlichen Probleme der letzten Jahrzehnte ertragen. Der Euro sollte doch ursprünglich die Divergenz zwischen dem finanzstarken, hoch industrialisierten Norden und dem agrarorientierten Süden abfangen? Nun offenbart sich jedoch die gemeinsame Währung, der gemeinsame Wirtschaftsraum, ja, die gemeinsame Zentralbank als Sargnagel der Wachstumshoffnungen des Südens.

Besieht man sich die bisherigen Maßnahmen der EU-Mitgliedsstaaten, um die staatliche Krise in Griechenland abzufedern - ursprünglich wollte man ja, wie auch bei Banken vorgenommen, den Griechen einen „Bailout“ bescheren - so wird schnell klar, dass die Reaktionen auf die Schuldenkrise niemals ernsthaft dazu hätten führen können, dass sich die griechische Wirtschaft erholt: zu hoch die Zinsen auf die Kredite des IWF, die zudem nur unter rigorosen Sparauflagen gestattet wurden, zu hoch inzwischen auch die Investitionen der EZB in griechische Staatsanleihen, wodurch eine Umschuldung vor allem die Großen in der EU treffen würde.

Nicht nur Staatsanleihen werden von der EZB gekauft – griechische Banken sind auf Kredite der Zentralbank angewiesen. Ohne diese Liquiditätshilfen wären sie längst zusammengebrochen, denn Geschäftsbanken führen mit ihnen schon lange keine Geschäfte mehr aus, zu groß die Risiken, zu gering die Renditemöglichkeiten. Als Sicherheiten hinterlegen diese Banken bei der EZB Staatsanleihen, ebenjene Staatsanleihen, in die die EZB selbst investiert hat und die bei einer Umschuldung einen großen Teil ihres Wertes verlieren würden. Einen Ausweg aus diesem Dilemma gibt es nicht, das System muss am Laufen gehalten werden.

Muss? Nein, aber allen voran mittel- und nordeuropäische Interessensvertreter scheinen eine solche Lösung zu favorisieren. Deutschland, Finnland und Österreich, nur drei der im Wachstum befindlichen EU-Nationen, profitieren direkt von der Schwäche des Euro, ihre Exporte sind günstiger und beliebter als zuvor. Eine Umschuldung Griechenlands und der anderen Krisenstaaten würde zuallererst Deutschland kosten, haben doch vor allem deutsche Banken große Mengen an Kapital in Griechenland, Irland und Portugal veranlagt. Dementsprechend ist es nur in ihrem Interesse Griechenland zu weiteren Sparmaßnahmen aufzufordern, die griechische Regierung dazu anzuhalten mit dem bisher beschrittenen Weg fortzufahren, auch im Wissen, dass dieser die Menschen Griechenlands in den Abgrund führen wird. Schlussendlich wird die Katastrophe in Griechenland zu einem Höhepunkt des Neoliberalismus, angesichts der horrenden Staatsschulden wird privatisiert und verkauft, die budgetäre Katastrophe wird so zu einer humanitären Katastrophe. Dieser Prozess wird noch beschleunigt durch das Schnüren eines neuen Rettungspakets, wieder verbunden mit Auflagen, die Privatisierungen weiter voranzutreiben. Dieses neue Rettungspaket, gerüchteweise innerhalb der nächsten zwei Wochen zu erwarten, wird die griechische Zivilgesellschaft noch weiter an den Rand des Zusammenbruchs bringen, schon jetzt häufen sich die Attacken ultranationalistischer Gruppierungen auf Einwanderer (wie die TAZ berichtet).

Wie kann es weitergehen mit Griechenland? Eine Frage, die ein unwohles Gefühl hervorruft. Die üblichen Mittel der Regierenden sind fast ausgeschöpft, aber ob das die Tür für Anarchie, im besten Sinne des Wortes, öffnet, ist fraglich.